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Nein, ich stimme nicht zu!

Das Nihonto

„Sein Schwert zu verlieren, bringt größte Schande und soll unnachsichtig bestraft werden.“
(Gebot des Tokugawa Shoguns)


Shizu Kaneuji Tokubetsu Juyo

Japanische Schwerter sind wahre Meisterwerke. Wie aber erkennt man ein Original? Hier finden Sie Tipps und Grundlagen zur Terminologie.

Im Westen ist in den letzten Jahren das Interesse an asiatischer Kunst, Philosophie und nicht zuletzt am japanischen Schwert immer weiter gestiegen. Bietet sich einmal die Möglichkeit, solch eine Klinge zu betrachten, ist man fasziniert von der perfekten Schönheit dieser Schmiedearbeit.

Gute Klingen wurden in Japan von Generation zu Generation weitergegeben und gepflegt. Nur so ist es zu erklären, dass Originale aus den vergangenen Jahrhunderten noch heute zu bewundern sind.

Die Schwert-Perioden

Die wichtigste Voraussetzung für die Qualität einer Klinge ist die Verwendung von gutem Eisen. Bis ins 16. Jahrhundert wurde das Eisen regional gewonnen und verarbeitet. Daraus entstanden die Klingen der so genannten Koto-Zeit. Ab ca. 1600 folgten die Klingen der Shinto-Periode. Zu dieser Zeit fand ein reger Austausch von Waren und somit auch von Eisen statt.  Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begann die Zeit der Shin-shinto-Klingen, die mit der Meji-Restauration endete.

1876 wurde das Tragen der Schwerter in der Öffentlichkeit verboten. Mit dem Wegfall des Samurai-Standes und dem Verbot, öffentlich Schwerter zu tragen, wäre diese großartige Schmiedekunst fast verloren gegangen. Zum Glück konnten einige wenige Schmiede ihre Fertigkeiten weitergeben, so dass es heute wieder erstklassige Schwertschmiede gibt.

Material und Weiterverarbeitung

Über die Schmiedetechnik und das Polieren von japanischen Klingen gibt es gute Fachliteratur, so dass hier nur die wichtigsten Dinge kurz zusammengefasst werden sollen.  Der Schwertschmied verwendet heute Tamahagane als Grundmaterial. Dies ist ein spezielles Eisen, welches nur für die Klingenherstellung in der traditionellen Stahlschmelze Tatara aus Satetsu, einem eisenhaltigen Sand gewonnen wird. Die Weiterverarbeitung wie das Regulieren des Kohlenstoffgehaltes setzt großes Fachwissen voraus.

Der Stahl wird geschmiedet und gefaltet bis er schließlich aus tausenden von einzelnen Lagen besteht.
Je nach Art der Faltung sind später unterschiedliche Muster auf der Klingenoberfläche zu sehen. Die wichtigsten Strukturen sind: Masame (Schichten waagerecht zur Klinge), Itame (Muster wie Holzmaserung), Mokume (wie Baumscheibe) und Ayasugi (Wellen). Mit diesem Stahl wird ein weicheres, wenig bearbeitetes Eisen umschlossen, verschweißt und schließlich zur fertigen Klinge geschmiedet. Es gibt auch hier noch andere Verfahren, was die Zusammensetzung von hartem und weichem Stahl betrifft.

In manchen Diskussionen werden moderne Industriestähle gelobt, mit denen außerhalb Japans auch Katana-Repliken hergestellt werden. Dazu ist nur zu sagen, dass das japanische Schwert sich spirituell, kulturell und künstlerisch so weit von diesen Stücken abhebt, dass jeder Vergleich überflüssig, ja fast beleidigend ist.

Die geschmiedete Klinge wird mit einem Tongemisch umgeben, das der Schmied nach seinem Geheimrezept herstellt. Dann wird im Bereich der Schneide das Muster des Hamon in den noch feuchten Tonmantel gedrückt. Unter Hamon versteht man das gesamte Erscheinungsbild der Trenn- oder Härtelinie zwischen der speziell gehärteten Schneide und dem Klingenkörper. Er beeinflusst maßgeblich die Schönheit einer Klinge. Es gibt vielfältige Muster, vom gerade verlaufenden Hamon bis hin zu überbordenden Wellenformen und Mustern mit zum Teil sehr malerischen Namen.

Nachdem der Tonmantel getrocknet ist, wird die Klinge in der völlig dunklen Schmiede erhitzt. Nur anhand der Glutfarbe erkennt der erfahrene Schmied, wann die richtige Temperatur erreicht ist. Dies ist einer der schwierigsten Vorgänge bei der Klingenherstellung. Ist der richtige Zeitpunkt gekommen, wird die Klinge im Wasserbad abgeschreckt. Der dünne Tonmantel im Schneidenbereich kühlt sehr schnell ab, was die Schneide optimal härtet. Im restlichen Bereich der Klinge ist der Ton dicker. Dort kühlt die Klinge langsamer ab und der Stahl bleibt etwas weicher und somit flexibler. Die Klinge kann nicht mehr brechen.

Anschließend wird die Klinge dem Polierer übergeben, der mit sehr vielen Poliersteinen unterschiedlicher Körnung die Klinge poliert. Er macht das sichtbar, was der Schwertschmied durch Schmiedung und Härtung geschaffen hat. Hierbei muss er erkennen, in welcher Art er die Klinge zu polieren hat. Für ein Katana benötigt ein guter Polierer ca. zwei Wochen reine Arbeitszeit. Bei der Restauration selbst stark korrodierter antiker Klingen vollbringen gute Polierer oftmals kleine Wunder.

Genau wie früher gibt es heute noch weitere Handwerkskünste rund um das japanische Schwert. Ein Künstler stellt das Habaki her, also das Teil vorne am Schwertgriff, welches die Klinge in der Saya hält. Der Scheidenmacher fertigt perfekt passende Scheiden und Griffe aus dem Holz des Magnolienbaums. Weiter gibt es den Griffwickler, der die kunstvolle Griffwicklung aus Baumwolle, Seide oder Leder über den mit Same belegten Griff spannt. Zudem gibt es Fachleute, die Hohlkehlen und kunstvolle Gravuren in die Klinge schneiden. Ein kleiner Kreis an Kunsthandwerkern stellt Tsuba  und andere Schwertzierrate her.

Was macht eine gute Klinge aus?

Was zeichnet nun eine gute Klinge aus? Da ist zunächst einmal die Form. Krümmung, Länge, Breite und Dicke sollten harmonieren. Dann die Schmiedestruktur, welche sich als Jihada auf der Klingenoberfläche zeigt. Hier erkennt der Fachmann, in welcher Art der Schmied den Stahl gefaltet hat und welche Qualität der Stahl besitzt. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der Hamon. Ein gut angelegter Hamon besticht durch seine fließende, zur Klinge passende Zeichnung. 

Wie erkennt man Form und Qualität?

Die Form erkennt man am besten, indem man die Klinge senkrecht mit ausgestrecktem Arm von sich hält. Anschließend schaut man sich das Jihada, den Hamon und das Boshi (Härtemuster in der Spitze) an. Hierzu betrachtet man die Klinge unter Kunstlicht, welches am besten von der Seite oder von oben auf die Oberfläche scheint. Die Klinge wird dabei leicht hin- und hergedreht bis die beste Position gefunden ist. Jetzt kann man die kristalline Struktur des Hamon erkennen.

Auf der Stahloberfläche sind so genannte Hataraki zu sehen. Dies sind Erscheinungen im Stahl, hervorgerufen durch den Schmiede- und Härtevorgang, welche aus feinsten kristallinen Strukturen bestehen. Dafür gibt es unterschiedliche Formen und Bezeichnungen. Nur ein geübtes Auge ist in der Lage, diese Strukturen auf Anhieb zu erkennen. 

Zuletzt schaut man nach der Angel und – falls vorhanden – der Signatur.
Aus all diesen Merkmalen, aus der Farbe und Dichte der Stahlstruktur und aus dem Zustand der Angel (Patina, Rost) ist letztendlich ersichtlich, aus welcher Zeit oder Schmiedeschule eine Klinge stammen könnte – selbst wenn keine Signatur vorhanden ist. Vorsicht ist angebracht, wenn Rost auf der Angel rötlich erscheint oder Bläschen bildet. Hier handelt es sich um künstlich (mit Chemie) gealterte Stücke.